Der Handel im Internet hatte in den letzten Jahren ein rasantes Wachstum vorzuweisen, das bislang unverändert anhält. So erreichte nach Angaben des Bundesverbandes des Deutschen Versandhandels e.V. (bvh) der E-Commerce-Umsatz in Deutschland im vergangenen Jahr mit 27,6 Mrd. Euro eine neue Rekordsumme (Quelle: BVH).
Deutschland ist hierbei auch zunehmend für ausländische Anbieter und Händler ein besonders lukrativer und interessanter Markt.
Doch inwieweit müssen ausländische Internetseiten dem deutschen Recht entsprechen? Welche gesetzlichen Regelungen müssen berücksichtigt werden? Gelten die üblichen Vorgaben zur sogenannten Impressumspflicht und der standardisierten Widerrufsbelehrung oder greifen andere Regelungen? Mit diesen und ähnlichen Fragen richten sich auch immer mehr Händler und Shop-Betreiber aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland an die Kanzlei Dury.
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Vorüberlegung: Anwendbarkeit des deutschen Rechts
Es stellt sich zunächst die Frage, in welchen Fällen überhaupt deutsches Recht für ausländische Internetseiten gilt. Für Anbieter von Internetseiten aus dem europäischen Ausland gibt es zwei Konstellationen, die zu einer Anwendbarkeit des deutschen Rechts führen können:
Fernabsatzrecht – Vertragliche Ansprüche
Da wäre zunächst die Rom I-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 593/2008) zu nennen, die seit 2009 innerhalb der EU regelt welches Recht auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendenden ist. Demnach ist etwa gemäß Art. 4 I lit. a Rom I-VO bei Kaufverträgen über bewegliche Sachen das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Eine Definition des Begriffs „gewöhnlicher Aufenthalt“ ist in Art. 19 zu finden. Maßgeblich ist hierbei der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Falls jedoch ein Verbraucher bei einem Unternehmer eine Bestellung aufgibt, der das Angebot seines Online-Shops auch auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausgerichtet hat, gilt gemäß Art. 6 das Recht des Verbraucherstaates. In einem solchen Fall bliebe zu klären, wann eine ausländische Internetseite eine entsprechende Ausrichtung aufweist.
Ansprüche aus Wettbewerbsrecht, Urheberrecht, Markenrecht, etc. (Deliktische Ansprüche):
Der zweite denkbare Weg zur Anwendbarkeit deutschen Rechts ergibt sich aus Art. 6 der Rom-II-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 864/2007). Die Rom-II-Verordnung regelt das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht. Gemäß Art. 6 ist bei außervertraglichen Schuldverhältnissen (etwa aus unlauterem Wettbewerbsverhalten) dem Marktortprinzip zu folgen. Demnach ist das Recht des Staates anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden. Dies ist etwa denkbar, wenn Verstöße gegen das deutsche Wettbewerbsrecht verfolgt werden. Auch in einem solchen Fall gilt es zu klären, ob das ausländische Angebot überhaupt eine Ausrichtung auf den hiesigen Markt aufweist.
Ebenso werden auch an Anbieter aus dem nicht-europäischen Ausland die gleichen rechtlichen Anforderungen gestellt, wenn sie sich an den deutschen Markt richten (vgl. Urteil des LG Frankfurt/Main vom 28.03.2003, Az. 3-12 O 151/02).
Wann eine solche Ausrichtung auf den deutschen Markt konkret vorliegt, ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen. Mögliche Anhaltspunkte hierfür können etwa die sprachliche Gestaltung der Internetseite (beinhaltet die Internetseite ausschließlich oder zumindest teilweise auch Angebote und Informationen in deutscher Sprache?), die Verwendung von Kennzeichnungen (ist eine deutsche Flagge oder ähnliches im Bestellmenü zu finden?) oder Lieferbedingungen, die eine mögliche Zielrichtung des Absatzes erkennen lassen, sein. Auch das Hosten einer ausländischen Internetseite unter einer de.-Domain spricht zunächst für eine entsprechende Ausrichtung. Umgekehrt lässt sich aus einem ausdrücklichen Ausschluss der Lieferung nach Deutschland eine entsprechende Zielrichtung zumeist verneinen. Grundsätzlich lässt sich jedoch nicht aus einem der vorgenannten Umstände allein ableiten, dass eine gezielte Tätigkeit auf dem deutschen Markt beabsichtigt ist. Vielmehr kommt es auf die vom Anbieter praktizierte Geschäftspraxis und sein konkretes Verhalten an. Nimmt beispielsweise ein Online-Händler mit Sitz in Österreich und deutschsprachiger Internetseite entgegen anderslautender Angaben auf seiner Internetpräsenz Bestellungen aus Deutschland an, so ist sein Online-Shop dennoch auf den deutschen Markt ausgerichtet.
Konkret: Anbieterkennzeichnungspflicht und Widerrufsbelehrung
Aus dem Telemediengesetz (TMG) ergibt sich eine zentrale Pflicht für Webseitenanbieter. So müssen gemäß § 5 TMG Anbieter von Telemedien, wie etwa Online-Shops und Auktionshäusern, gewisse Pflichtangaben leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar machen. Bestimmte Dienstanbieter (beispielsweise solche mit Handelsregistereintrag) müssen darüber hinaus zusätzliche Angaben (etwa: Register und Registernummer) auf ihrer Internetseite hinterlegen. Die in § 5 TMG geregelte Anbieterkennzeichnung kann grundsätzlich auch für ausländische Shop-Betreiber relevant sein. Obgleich § 3 Abs. 1 TMG das sogenannte Herkunftslandprinzip vorsieht, demzufolge ausländische Internetseiten keine Anbieterkennzeichnung haben müssten, sind Anbieter ausländischer Internetseiten zur Anbieterkennzeichnung verpflichtet, wenn sie ihr Angebot oder ihre Geschäftstätigkeit wie oben beschrieben gezielt an den deutschen Markt und somit an deutsche Verbraucher richten. Gleiches gilt auch für ausländische Unternehmen, die eine Niederlassung in Deutschland haben (vgl. Urteil des LG Frankfurt/Main vom 28.03.2003, Az.: 3-12 O 151/02). Hierbei hilft es sich nochmals den Zweck der Anbieterkennzeichnung vor Augen zu führen: Die Anbieterkennzeichnung dient der Gewährleistung der Anbietertransparenz im elektronischen Geschäftsverkehr und somit dem Verbraucherschutz. Denkbar sind zudem weitere Pflichtangaben gemäß § 55 Abs. 2 RStV bei sogenannten journalistisch-redaktionelle Inhalten. Ebenso verhält es sich mit den umfangreichen Anforderungen an die Widerrufsbelehrung im Fernabsatzhandel gemäß §§ 355 ff BGB. So sind auch diese zu beachten und entsprechend einzuhalten bzw. bei der Gestaltung des ausländischen Internetangebots zu berücksichtigen, wenn eine Ausrichtung auf den deutschen Markt anzunehmen ist. (vgl. Urteil des LG Karlsruhe vom 16.12.2011, Az. 14 O 27/11 KfH III).
Umgesetzt: Wie sieht die Praxis aus?
Anders als in Deutschland mit §12 Abs. 1 S. 2 UWG gibt es im europäischen Ausland zumeist keinen Kostenerstattungsanspruch bei Abmahnungen unlauterer Geschäftshandlungen von Mitbewerbern. Mit weitreichenden Folgen: Ein Abmahnwesen, wie es in Deutschland anzutreffen ist, ist dort weitestgehend unbekannt. Denn abmahnende Konkurrenten müssten die Kosten des von ihnen beauftragten Rechtsanwalts selbst tragen oder zumindest ein höheres Kostenrisiko eingehen.
Ausblick: Die neue Verbraucherrechterichtlinie verspricht Erleichterung
Abhilfe soll bereits 2014 die neue EU-Richtlinie über Rechte der Verbraucher (kurz: Verbraucherrechterichtlinie / 2011/83/EU), die eine Zusammenführung und Überarbeitung der beiden Richtlinien über Haustürgeschäfte und Fernabsatzgeschäfte darstellt, schaffen. Hierbei gilt es zu beachten, dass die Richtlinie zwar grundsätzlich eine Vollharmonisierung vorsieht, aber den einzelnen Mitgliedstaaten in verschiedenen Bereichen die Möglichkeit das Verbraucherschutzniveau weiter zu erhöhen erhalten bleibt. Die Mindeststandards werden hingegen vereinheitlich: Konkret wird mit der neuen Richtlinie die Widerrufsfrist für Verbraucher im Fernabsatz einheitlich auf 14 Tage festgelegt. Im Falle künftiger Fehler bei der Widerrufsbelehrung verlängert sich die Frist auf 12 Monate. Der Richtlinienvorschlag umfasst auch eine neue Muster-Widerrufsbelehrung. Die zur Umsetzung der Richtlinie erlassenen Rechtsvorschriften sind ab dem 13. Juni 2014 zu beachten, sodass sich Online-Händler bis zu diesem Zeitpunkt gegebenenfalls nochmals mit der aktuellen rechtlichen Ausgestaltung ihres Angebots befassen können. Auch deutsche Anbieter von Internetseiten im Ausland, die sich umgekehrt über das dort geltende Recht informieren und an selbiges halten müssen, werden von der Vereinheitlichung durch die neue Verbraucherrechterichtlinie ebenfalls profitieren.
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